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Das HR-Dilemma – Worauf es jetzt wirklich ankommt

Die vergangenen Jahre waren von einem heftigen Umbruch in der Arbeitswelt geprägt. Die meisten Unternehmen haben schon längst verstanden, dass Angebote wie Obstkörbe, Fitnessclub-Mitgliedschaften oder Freitagdrinks nicht mehr ausreichen, um das Arbeitsklima nachhaltig zu verbessern. Die Mitarbeitenden rücken immer mehr in den Mittelpunkt und es werden neue Konzepte entwickelt, die an den wirklichen Bedürfnissen der Menschen ausgerichtet sind.

Trotz alledem sind Personalverantwortliche mit der Problematik konfrontiert, dass Mitarbeitende unzufrieden, weniger leistungsbereit und zunehmend schwerer im Unternehmen zu halten sind.
Wir stellen wesentliche Ansatzpunkte vor, um Mitarbeitende von innen zu stärken und erläutern einen Schlüsselfaktor, der diesem Dilemma entgegenwirken kann.

Ein Blick auf den Markt

Globalisierung, technologischer Wandel, Innovationsdruck und Corona-Krise… All diese Faktoren haben dazu geführt, dass immer mehr moderne, agile Arbeitsumfelder entstehen. Starre Prozesse und Strukturen werden nach und nach aufgelöst, Remote Work ist bei vielen Unternehmen fest etabliert. So hat sich in Deutschland beispielsweise der Anteil von Remote-Work-Angeboten in Stellenanzeigen seit 2018 mehr als vervierfacht.1 Außerdem wird Mitarbeitenden in zunehmendem Maß Eigenverantwortung und Flexibilität zugesprochen, weshalb flexible Arbeitszeitmodelle immer mehr der Normalität angehören.
Diese Entwicklungen sollten auf eine steigende Zufriedenheit bei den Mitarbeitenden einzahlen. Die Realität sieht jedoch anders aus.

Lediglich 15 % der Berufstätigen hierzulande weisen eine hohe emotionale Bindung an ihre Arbeitgebenden auf2 und rund 55% der Deutschen sind mit ihrem Arbeitsplatz unzufrieden.3 Der Blick auf die Datenlage hebt außerdem die zunehmende Problematik um Mental Health hervor: der Arbeitsausfall aufgrund von psychischen Erkrankungen lag im Jahr 2021 rund 41% über dem von vor zehn Jahren.4

Das Dilemma

Warum entwickeln sich die Transformation der Arbeitswelt und die Zufriedenheit der Menschen in ihren Jobs in entgegengesetzte Richtungen? Was können HR, Personalverantwortliche und Führungskräfte tun, um für ihre Mitarbeitenden ein gutes Arbeitsumfeld zu schaffen, in welchem das Ausüben des Jobs auf die allgemeine Lebenszufriedenheit und persönliche Entwicklung im besten Falle positiv einzahlt?
Die besorgniserregenden Studienergebnisse bedeuten nicht, dass bereits getroffene Maßnahmen hin zu einer neuen Arbeitswelt nicht helfen. Aus unseren Gesprächen mit Personalverantwortlichen ergeben sich für uns drei Problematiken, die eine mögliche Erklärung für diese Unzufriedenheit sein können:

1. Das veränderte Mindset der Menschen. Das Bewusstsein über sich selbst, was ich brauche und die daraus resultierenden neuen Anforderungen an die Arbeitsbedingungen sowie die Bedeutung von Mental Health haben sich gewandelt. Die Frage „Wie geht es mir eigentlich?“ spielt eine immer wichtigere Rolle und die Antworten bei Umfragen fallen deutlich reflektierter und schlechter aus.

2. Die Überforderung mit der Transformation und das Führungs-Gap. Die Beziehungen im Unternehmen werden komplexer und die veränderten Unternehmensstrukturen sind für viele Mitarbeitende nur schwer nachzuvollziehen. Hierfür bedarf es transformationale Führungsqualitäten, die es mit zu entwickeln gilt. Unsicherheiten, Ängste und unklare Verantwortlichkeiten fördern andernfalls Unzufriedenheiten und Konfliktpotenzial im Team.

3. Die Home-Office-Problematik. Mitarbeitenden fällt es schwer, Privatleben und Beruf voneinander abzugrenzen und die Arbeitsüberflutung durch die „Always on“-Mentalität führt zu Überforderung. Hinzu kommt der Mangel an realen sozialen Kontakten und die ungenügende Kulturbildung, die ein schlechteres Zugehörigkeitsgefühl verursachen.

Was braucht es wirklich?

Aus der Positiven Psychologie wissen wir, dass es Menschen vor allem durch soziale Beziehungen wirklich gut geht. Und ein System ist nur so gut, wie die Summe seiner Beziehungen. Es geht also um die Verbesserung jeglicher Beziehung im Unternehmen: zwischen den Mitarbeitenden, zwischen den Führungskräften sowie zwischen Mitarbeitenden und Führungskräften. Und je besser diese Beziehungen sind, desto besser funktioniert auch das System. Seien es einzelne Teams, Bereiche oder eben das gesamte Unternehmen. Doch dieser Aspekt wird von vielen Unternehmen noch vernachlässigt oder auch nicht im Sinne des Förderns von echtem Austausch praktiziert.

Was können wir dafür tun – Kommunikation als Schlüsselfaktor

Echter Austausch entsteht durch gute Kommunikation. Bereits die Theoriemodelle von Habermas und Luhmann verweisen darauf, dass ein System erst durch eine gute Kommunikation entsteht. Somit wird Kommunikation zu dem Schlüsselfaktor für soziale Beziehungen. Kommunikation wird aber nicht systematisch in fachspezifischen Bereichen gefördert. Sie findet über die Fachebene hinaus statt – in der Mittagspause und auf den Fluren.

Gute Kommunikation entsteht aber nicht von allein. Neben dem Etablieren geeigneter Kommunikationsplattformen und -formaten, muss dieses Thema aktiv vorangetrieben und die Mitarbeitenden dabei unterstützt werden. Fähigkeiten wie Konfliktfähigkeit und Emotionale Intelligenz müssen durch gezielte Maßnahmen gefördert werden. Die Mitarbeitenden müssen darin trainiert werden, Feedback zu geben und zu nehmen, um Themen besprechbar zu machen und die Menschen zu ermutigten, miteinander in Beziehung zu treten.

Während sich andere um Wellness-Angebote oder Freiheiten in der Arbeitsgestaltung bemühen, verfehlen sie die wirklichen Bedürfnisse, die der Mensch tief in seinem Inneren trägt. Wird der Fokus mehr auf soziale Beziehungen gelegt, wird ein echtes Grundbedürfnis erfüllt und ein wirklicher Wettbewerbsvorteil geschaffen.

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Quellen

1) Vgl. Human Resources Manager, 2022, verfügbar unter: https://www.humanresourcesmanager.de/recruiting/remote-work-das-arbeitsmodell-der-zukunft/
2) Vgl. Personalwirtschaft, 2017, verfügbar unter: https://www.personalwirtschaft.de/news/hr-organisation/jeder-siebte-in-deutschland-hat-innerlich-gekuendigt-101733/
3) Vgl. Business Insider, 2022, verfügbar unter: https://www.businessinsider.de/leben/burnout-ueber-die-haelfte-der-deutschen-will-einen-neuen-job-a/
4) Vgl. DAK-Gesundheit: Psychreport, 2022, verfügbar unter: https://www.dak.de/dak/bundesthemen/psychreport-2022-2533048.html#/